Klarstellung zur Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug

Klarstellung zur Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug

Mit dem BMF-Schreiben vom 13.04.2021 hat die Finanzverwaltung eine Klarstellung zur Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug vorgenommen. Das Schreiben ersetzt das BMF-Schreiben vom 10.10.2013.

Die Klarstellung war erforderlich, da es seit der Ergänzung des § 8 Absatz 1 EStG insbesondere bei den Gutscheinen und Geldkarten zahlreiche Unklarheiten gab, ob es sich um eine Geldleistung oder einen Sachbezug handelt.

In diesem Beitrag werden die wichtigsten Punkte aus dem BMF-Schreiben beschrieben. Auf allgemeine lohn- und einkommensteuerliche Regelungen wie z.B. den Zufluss eines Sachbezugs und die funktionale Begrenzung der Gutscheine und Geldkarten wird dabei nicht eingegangen.

Geldleistungen und Sachbezüge bis zum 31.12.2019

Bis zum 31.12.2019 galten nach § 8 Absatz 1 EStG als Einnahmen alle Güter, die in Geld (Geldleistungen) oder Geldeswert (Sachbezüge) bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 bis 7 EStG zufließen.

Ob Barlohn oder Sachlohn vorlag, hing nach der gängigen Rechtsprechung davon ab, was ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber auf Grundlage der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen beanspruchen konnte. Die Finanzverwaltung war dieser Rechtsprechung gefolgt.

Geldleistungen und Sachbezüge seit dem 01.01.2020

I. Erweiterung der Einnahmen in Geld

Seit dem 01.01.2020 ist durch § 8 Absatz 1 Satz 2 EStG n. F. nun zusätzlich gesetzlich festgeschrieben, dass zu den Einnahmen in Geld auch

  • zweckgebundene Geldleistungen,
  • nachträgliche Kostenerstattungen,
  • Geldsurrogate und
  • andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten

gehören.

Beispiele für Geldleistungen sind u.a.

  • Zahlung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer bei Abschluss einer Kranken-, Krankentagegeld- oder Pflegeversicherung (Beitragszahlung durch Arbeitnehmer, Abschlusspflicht bei einem vom Arbeitgeber vorgegebenen Unternehmen)
  • im Inland gültiges gesetzliches Zahlungsmittel oder Zahlungen in einer gängigen, frei konvertiblen und im Inland handelbaren ausländischen Währung (gilt z.B. nicht bei Sonderprägungen, da hier der übliche Endpreis am Abgabeort im Sinne des § 8 Absatz 2 Satz 1 EStG vom Nennwert abweicht)
  • zweckgebundene Geldleistungen und nachträgliche Kostenerstattungen (nachträgliche Gutschriften sind – wie bisher – als Entgeltminderung zu werten, wenn deren Bedingungen bereits in dem Zeitpunkt feststehen, in dem der Arbeitnehmer die Sachbezüge erhält.)

Durchlaufende Gelder und Auslagenersatz sind weiterhin steuerbefreit, solange der Arbeitnehmer kein eigenes Interesse an den bezogenen Waren und Dienstleistungen hat (privater Gebrauch).

  • Gutscheine und Geldkarten, die nicht ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen beim Arbeitgeber oder einem Dritten berechtigen (z.B. Gutscheine/Geldkarten mit einer Barauszahlungsfunktion)

II. Voraussetzungen für die Sachbezugseigenschaft von zweckgebundenen Gutscheinen und Geldkarten

Bestimmte zweckgebundene Gutscheine (ebenso entsprechende Gutscheinkarten, digitale Gutscheine, Gutscheincodes oder Gutscheinapplikationen/-Apps) oder entsprechende Geldkarten (einschließlich Wertguthabenkarten in Form von Prepaid-Karten) stellen jedoch einen Sachbezug dar.

Diese Gutscheine und Geldkarten dürfen 

  1. ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen beim Arbeitgeber oder einem Dritten berechtigen und
  2. müssen ab dem 01.01.2022 die Kriterien des § 2 Absatz 1 Nummer 10 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) erfüllen.

Erstattet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nachträglich die Kosten für einen Gutschein oder eine Geldkarte bzw. für die darüber in Anspruch genommene Ware bzw. Dienstleistung, handelt es sich um keinen Sachbezug, sondern um eine Geldleistung.

Gebühren für die Bereitstellung und Aufladung von Gutscheinen sowie Geldkarten stellen keinen geldwerten Vorteil und damit keinen Arbeitslohn des Arbeitnehmers dar.

Die 44 EUR-Freigrenze (ab 2022: 50 EUR-Freigrenze) darf bei den o.g. Gutscheinen und Geldkarten nur angewendet werden, wenn sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden (§ 8 Absatz 2 Satz 11 zweiter Halbsatz i. V. m. § 8 Absatz 4 EStG).

Das BMF-Schreiben vom 13.04.2021 nennt eine Reihe von Beispielen für zweckgebundene Gutscheine und Geldkarten, die Sachbezüge nach § 8 Absatz 2 Satz 1 EStG i. V. m. § 8 Absatz 1 Satz 3 EStG sind:

  • Kranken-, Krankentagegeld- oder Pflegeversicherungsschutz bei Abschluss einer entsprechenden Versicherung und Beitragszahlung durch den Arbeitgeber
  • Unfallversicherungsschutz (freiwillige Unfallversicherung durch den Arbeitgeber, Arbeitnehmer kann Versicherungsschutz direkt gegenüber dem Versicherungsunternehmen geltend machen, Beiträge werden nicht nach § 40b Absatz 3 EStG pauschal besteuert)
  • Essensgutscheine, Restaurantschecks, arbeitstägliche Zuschüsse zu den Mahlzeiten unter den geltenden Voraussetzungen
  • Gutscheine und Geldkarten, unabhängig von einer Betragsangabe, die entweder ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen vom Aussteller des Gutscheins aus seiner eigenen Produktpalette oder aufgrund von Akzeptanzverträgen zwischen Aussteller/Emittent und Akzeptanzstellen bei einem begrenzten Kreis von Akzeptanzstellen im Inland berechtigen
  • Gutscheine oder Geldkarten, unabhängig von einer Betragsangabe, die nur berechtigen, Waren oder Dienstleistungen ausschließlich aus einer sehr begrenzten Waren- oder Dienstleistungspalette zu beziehen
  • Gutscheine/Geldkarten, unabhängig von einer Betragsangabe, die nur berechtigen, aufgrund von Akzeptanzverträgen zwischen Aussteller/Emittent und Akzeptanzstellen Waren oder Dienstleistungen ausschließlich für bestimmte soziale oder steuerliche Zwecke im Inland zu beziehen

Ein Abschlag von 4% nach R.8.1 Absatz 2 Satz 3 LStR ist nicht vorzunehmen, wenn ein Gutschein oder eine Geldkarte über einen in EUR lautenden Höchstbetrag hingegeben wird (R. 8.1 Absatz 2 Satz 4 LStR).

III. Kein Sachbezug bei Geldsurrogaten aufgrund § 2 Absatz 1 Nummer 10 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG)

Geldsurrogate erfüllen aus lohn- und einkommensteuerlicher Sicht nicht die Bedingungen des § 2 Absatz 1 Nummer 10 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG). Hierzu zählen z.B. Geldkarten oder Wertguthabenkarten in Form von Prepaid-Kreditkarten, die überregional akzeptiert werden, bei denen es keine Einschränkung bezüglich der Produktpalette gibt und die im Rahmen unabhängiger Systeme des unbaren Zahlungsverkehrs eingesetzt werden können.

Bei ihnen handelt es sich daher um eine Geldleistung und um keinen Sachbezug.

Beispiel: Kein Sachbezug, da Kriterien des § 2 Absatz 1 Nummer 10 ZAG nicht erfüllt werden

Ein Arbeitnehmer erhält im Februar 2022 von seinem Arbeitgeber zusätzlich zu seinem ohnehin geschuldeten Arbeitslohn eine Prepaid-Kreditkarte, die monatlich mit 50 EUR aufgeladen wird. Mit dieser Kreditkarte kann der Arbeitnehmer bei über 30 Millionen Akzeptanzstellen weltweit Waren einkaufen. Aufgrund der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen darf der Arbeitnehmer aber nur Kraftstoff für seinen Privatwagen erwerben.

Es handelt sich nicht um einen Sachbezug, sondern um ein Geldsurrogat (Geldleistung) im Sinne von § 8 Absatz 1 Satz 2 EStG. Aus diesem Grund ist die 50 EUR-Freigrenze (in 2021: 44 EUR-Freigrenze) nicht anwendbar.

IV. Nicht-Beanstandungsregel bei zweckgebundenen Gutscheinen und Geldkarten in 2020 und 2021

Bis zum 31.12.2021 werden zweckgebundene Gutscheine und entsprechende Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen, jedoch nicht die Kriterien des § 2 Absatz 1 Nummer 10 ZAG erfüllen, noch als Sachbezug anerkannt.

Ab dem 01.01.2022 handelt es sich bei ihnen dann um eine Geldleistung.

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