Minijobs 2021 bei schrittweiser Erhöhung des Mindestlohns

Minijobs 2021 bei schrittweiser Erhöhung des Mindestlohns

Im September 2020 waren nach Angaben der Minijob-Zentrale 6.154.368 Arbeitnehmer im gewerblichen Bereich als Minijobber beschäftigt. Im Vergleich zum Vorjahr ist dieser Wert um 7,7 Prozent gesunken.

Die am 13.11.2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlichte Dritte Verordnung zur Anpassung der Höhe des Mindestlohns (Dritte Mindestlohnanpassungsverordnung – MiLoV3), die eine schrittweise Anhebung des Mindestlohns ab dem 01.01.2021 zur Folge hat, wirkt sich unmittelbar auf diese Beschäftigungsverhältnisse aus.

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit den Auswirkungen der schrittweisen Erhöhung des Mindestlohns auf die Minijobs im gewerblichen Bereich.

Minijobs – die geringfügig entlohnten Beschäftigungsverhältnisse

Minijobs sind geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse, bei denen regelmäßig das monatliche Arbeitsentgelt 450 EUR bzw. 5.400 EUR im Jahr nicht übersteigt. Einmalzahlungen, wie z.B. ein Weihnachtsgeld, sind zu berücksichtigen.

Steuerfreier und pauschal versteuerter Arbeitslohn, der Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung bewirkt, bleibt hingegen unberücksichtigt. Z.B. sind Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge unter bestimmten Bedingungen steuer- und beitragsfrei. Diese werden dann bei der Ermittlung der Entgeltgrenze nicht berücksichtigt.

Bestimmte Personengruppen – hierzu zählen u.a. Auszubildende – sind nach dem Sozialversicherungsrecht von einer geringfügig entlohnten Beschäftigung (Minijob) ausgenommen.

Mehrere Beschäftigungsverhältnisse

Mehrere geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse, die nebeneinander ausgeübt werden, werden jeweils als Minijob gewertet, wenn ihr Arbeitsentgelt insgesamt die vorgestellten Verdienstgrenzen nicht übersteigt.

Neben einer sozialversicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung ist ein Minijob erlaubt.

Rechte und Pflichten

Geringfügig entlohnt beschäftigte Arbeitnehmer und ihre Arbeitgeber haben nahezu die gleichen Rechte und Pflichten wie in anderen Arbeitsverhältnissen (z.B. Urlaubsanspruch). Es gibt jedoch eine Reihe von Besonderheiten. Dazu zählen u.a.:

  • Der Arbeitgeber zahlt einen pauschalen Krankenversicherungsbeitrag von 13 Prozent (wenn der Minijobber gesetzlich krankenversichert ist) und einen pauschalen Rentenversicherungsbeitrag von 15 Prozent.
  • Der Arbeitnehmer trägt die Differenz zwischen dem pauschalen Rentenversicherungsbeitrag von 15 Prozent und dem aktuell gültigen RV-Beitrag. Der Arbeitnehmer kann sich aber unter bestimmten Voraussetzungen hiervon befreien lassen.
  • Keine Beiträge zur Arbeitslosen- und Pflegeversicherung
  • Pauschale Versteuerung mit 2 Prozent (inkl. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer), wenn der Arbeitgeber pauschale RV-Beiträge zu entrichten hat (aus SV-Sicht ein Minijob vorliegt)
  • Pauschale Versteuerung mit 20 Prozent, wenn kein Minijob aus SV-Sicht vorliegt (z.B. bei einem zweiten Minijob neben einer sv-pflichtigen Hauptbeschäftigung)
  • Versteuerung nach den individuellen Lohnsteuerabzugsmerkmalen des Arbeitnehmers möglich
  • ggf. umlagepflichtig in der U1 (Krankheit) sowie umlagepflichtig in der U2 (Schwangerschaft/Mutterschaft) und U3 (Insolvenzgeldumlage)

Bestimmung des regelmäßigen Arbeitsentgelts

Arbeitgeber müssen das regelmäßige Arbeitsentgelt von Minijobbern zu Beginn der Beschäftigung und bei jeder dauerhaften Veränderung in den Verhältnissen bestimmen. Es handelt sich immer um eine vorausschauende Betrachtung, jeweils maximal für ein Zeitjahr.

Wird die Grenze im Laufe des Jahres überschritten und ist absehbar, dass auch die Jahresgrenze überschritten wird, ist der Arbeitnehmer ab diesem Zeitpunkt nicht mehr geringfügig beschäftigt. Dies setzt jedoch voraus, dass der Arbeitgeber seinen Prüfpflichten nachgekommen ist.

Praxisbeispiel: Minijobber mit einem Beschäftigungsverhältnis

Arbeitnehmer A besitzt ein monatliches Arbeitsentgelt von 450 EUR. Einer anderen Tätigkeit geht er nicht nach.

Das monatliche Arbeitsentgelt von Arbeitnehmer A beträgt regelmäßig 450 EUR. Es handelt sich daher um ein geringfügig entlohntes Beschäftigungsverhältnis.

Überschreiten der Arbeitsentgeltgrenzen

Bei der monatlichen Arbeitsentgeltgrenze von 450 Euro handelt es sich um einen Durchschnittswert. Ein Überschreiten der 450-Euro-Grenze ist möglich, solange der tatsächliche Verdienst durchschnittlich nicht über 450 EUR pro Monat liegt, der Minijobber also maximal 5.400 EUR im Jahr verdient.

Wird die jährliche Arbeitsentgeltgrenze überschritten, ist entscheidend, ob das Überschreiten für den Arbeitgeber vorhersehbar oder unvorhersehbar eingetreten ist. War es vorhersehbar, ist die Beschäftigung nicht geringfügig entlohnt.

Praxisbeispiel: Vorhersehbares Überschreiten der jährlichen Arbeitsentgeltgrenze

Arbeitnehmer B hat ein monatliches Arbeitsentgelt von 440 EUR. Einer anderen Beschäftigung geht er nicht nach. Im November hat er einen arbeitsvertraglich geregelten Anspruch auf ein Weihnachtsgeld in Höhe von 300 EUR.

Das Arbeitsentgelt von Arbeitnehmer B beträgt voraussichtlich

12 Monate x 440 EUR=5.280 EUR
zzgl. Weihnachtsgeld+ 300 EUR
voraussichtliches Entgelt p.a.5.580 EUR
geteilt durch 12 Monate= 465 EUR

Das voraussichtliche Jahresarbeitsentgelt von 5.580 EUR überschreitet die Jahresentgeltgrenze von 5.400 EUR. Grund hierfür ist der arbeitsvertraglich geregelte Anspruch auf ein Weihnachtsgeld. Da die Überschreitung vorhersehbar ist, handelt es sich um keinen Minijob.

Ein nur gelegentliches und nicht vorhersehbares Überschreiten der jährlichen Arbeitsentgeltgrenze von 5.400 Euro ist unschädlich und führt nicht zur Beendigung des Minijobs. Ein unvorhersehbares Ereignis liegt z. B. vor, wenn der Minijobber einen erkrankten Kollegen vertritt. Dies ist bis zu drei Kalendermonate innerhalb eines Zeitjahres möglich. Das Zeitjahr endet immer mit dem Kalendermonat, für den aktuell ein unvorhersehbares Überschreiten vorliegt.

Im Zeitraum 01.03. – 31.10.2020 durfte das Arbeitsentgelt eines Minijobbers sogar in fünf Monaten 450 EUR übersteigen, wenn ein unerwarteter Grund hierfür vorlag.

Praxisbeispiel: Gelegentliches und nicht vorhersehbares Überschreiten der jährlichen Arbeitsentgeltgrenze

Arbeitnehmer C erhält ein monatliches Arbeitsentgelt von 450 EUR. Einer anderen Beschäftigung geht er nicht nach. Im September vertritt er zusätzlich zu seinem Minijob noch einen Arbeitskollegen, der unerwartet erkrankt ist. Hierfür erhält er zusätzlich 150 EUR.

Das Arbeitsentgelt von Arbeitnehmer C beträgt

11 Monate x 450 EUR=4.950,00 EUR
zzgl. 1 Monat x 600 EUR=+ 600,00 EUR
voraussichtliches Entgelt p.a.5.550,00 EUR
geteilt durch 12 Monate=462,50 EUR

Die Überschreitung der jährlichen Arbeitsentgeltgrenze (5.550 EUR > 5.400 EUR) führt nicht zur Versicherungspflicht, da diese unvorhergesehen war und mit einem Zeitraum von einem Monat noch als gelegentlich anzusehen ist.

Arbeitnehmer mit schwankenden Bezügen

Bei Arbeitnehmern mit schwankenden Bezügen muss der Arbeitgeber bei Beginn der Beschäftigung das regelmäßige monatliche Arbeitsentgelt schätzen. Übersteigt dies 5.400 EUR pro Jahr, handelt es sich um keinen Minijob. Auch während des Beschäftigungsverhältnisses muss die Einhaltung der Arbeitsentgeltgrenze weiter überprüft werden.

Praxisbeispiel: Arbeitnehmer mit schwankenden Bezügen

Arbeitnehmer D erzielt nach Einschätzung seines Arbeitgebers voraussichtlich in den Monaten April bis September monatlich 600 EUR und in den Monaten Oktober bis März monatlich 250 EUR.

Das Arbeitsentgelt von Arbeitnehmer D beträgt voraussichtlich

6 Monate x 600 EUR=3.600 EUR
6 Monate x 250 EUR=1.500 EUR
voraussichtliches Entgelt p.a.5.100 EUR
geteilt durch 12 Monate=425 EUR

Das monatliche Arbeitsentgelt von Arbeitnehmer D liegt regelmäßig unterhalb der Arbeitsentgeltgrenze von 450 EUR. Es übersteigt nicht 5.400 EUR pro Jahr. Bei Arbeitnehmer D handelt es sich daher um einen Minijobber.

Arbeitnehmer mit erheblich schwankenden Arbeitsentgelten

Erheblich schwankende Arbeitsentgelte begründen nach den Geringfügigkeits-Richtlinien auch dann keine durchgehend geringfügig entlohnte Beschäftigung, wenn die jährliche Entgeltgrenze von 5.400 EUR nicht überschritten wird. Dies ist dann der Fall, wenn eine in wenigen Monaten eines Jahres ausgeübte mehr als geringfügig entlohnte Beschäftigung nur deshalb geringfügig entlohnt ausgeübt würde, weil die Arbeitszeit und das Arbeitsentgelt in den übrigen Monaten des Jahres lediglich soweit reduziert werden, dass das Jahresarbeitsentgelt 5.400 EUR nicht übersteigt. In diesen Fällen liegt in den Monaten des Überschreitens der Entgeltgrenze keine geringfügig entlohnte Beschäftigung vor.

Schrittweise Erhöhung des Mindestlohns ab 2021

Auch Minijobber haben u.a. gesetzliche Ansprüche nach dem Mindestlohngesetz. Für manche Branchen, wie z.B. die Baubranche gilt ein Branchenmindestlohn. Dieser ist im Arbeitnehmerentsendegesetz geregelt.

Ab dem 01.01.2021 wird der Mindestlohn in mehreren Schritten wie folgt erhöht:

  • ab 01.01.2021: 9,50 EUR brutto je Zeitstunde
  • ab 01.07.2021: 9,60 EUR brutto je Zeitstunde
  • ab. 01.01.2022: 9,82 EUR brutto je Zeitstunde
  • ab 01.07.2022: 10,45 EUR brutto je Zeitstunde

Grundlage ist die Dritte Verordnung zur Anpassung der Höhe des Mindestlohns (Dritte Mindestlohnanpassungsverordnung – MiLoV3), die am 13.11.2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde.

Auswirkungen der Mindestlohnerhöhung auf die Minijobs

Die beschlossene schrittweise Mindestlohnerhöhung hat konkrete Auswirkungen auf die Minijobs, da die Arbeitsentgeltgrenzen für diese Beschäftigungsverhältnisse unverändert bleiben. Ein steigender Mindestlohn bedeutet, dass Minijobber immer weniger Stunden durchschnittlich pro Monat arbeiten dürfen.

JahrMindestlohnErlaubte Stunden/Monat (auf volle Stunden abgerundet)
20209,35 EUR48 Stunden
2021 (01.01. – 30.06.2021)9,50 EUR47 Stunden
2021 (01.07. – 31.12.2021)9,60 EUR46 Stunden
2022 (01.01. – 30.06.2022)9,82 EUR45 Stunden
2022 (01.07. – 31.12.2022)10,45 EUR43 Stunden

Jeweils abgerundet auf volle Stunden können Minijobber in 2020 noch durchschnittlich 48 Stunden pro Monat arbeiten. In 2021 sind in der ersten Jahreshälfte nur noch durchschnittlich 47 Stunden und in der zweiten Jahreshälfte nur noch durchschnittlich 46 Stunden pro Monat erlaubt. Bis zur zweiten Jahreshälfte von 2022 reduziert sich dieser Wert auf durchschnittlich 43 Stunden pro Monat.

Allerdings können Beschäftigte bei Überschreiten der jährlichen Arbeitsentgeltgrenze weiterhin in drei Monaten beliebig viele Stunden arbeiten und damit auch ein entsprechendes Arbeitsentgelt erzielen, ohne dass sie als nicht mehr geringfügig beschäftigt gelten.

Phantomlohn weiterhin bei Minijobs zu beachten

Neben den abnehmenden erlaubten Arbeitsstunden müssen Arbeitgeber auch darauf achten, dass kein sogenannter Phantomlohn entsteht. Dieser fiktive Arbeitslohn kann z.B. bei einer falschen Berechnung des Urlaubsentgelts oder der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall entstehen. In diesen Fällen sind ggf. SV-Beiträge und (Säumnis-)Zuschläge aus dem Phantomlohn zu zahlen.

Bei Minijobbern kann Phantomlohn darüber hinaus auch bei der Arbeit auf Abruf entstehen.

Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer nämlich bei einer Arbeit auf Abruf keine wöchentliche Arbeitszeit festgelegt, gelten nach § 12 Abs. 1 Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) 20 Stunden als vereinbart. Ist die Dauer der täglichen Arbeitszeit nicht festgelegt, muss der Arbeitgeber die Leistung des Arbeitnehmers jeweils für mindestens drei aufeinander folgende Stunden in Anspruch nehmen. Der Arbeitnehmer ist nur zur Arbeitsleistung verpflichtet, wenn ihn der Arbeitgeber über seine Arbeitszeiten jeweils mindestens vier Tage im Voraus informiert.

Tarifvertraglich kann von den o.g. Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden.

Ist für die wöchentliche Arbeitszeit eine Mindestarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber hiervon nur bis zu 25 Prozent zusätzlich abrufen. Ist für die wöchentliche Arbeitszeit eine Höchstarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber hiervon nur bis zu 20 Prozent weniger abrufen.

Bereits beim derzeit geltenden Mindestlohn von brutto  9,35 EUR pro Stunde, führt dies dazu, dass Beschäftigungsverhältnisse mit einer Arbeit auf Abruf ohne vertraglich vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit keine geringfügig entlohnten Beschäftigungsverhältnisse sind.

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